Am Samstag den 26.April 2025 machen wir mit unserer Jugendgruppe (mehr als 40 Jugendliche) einen Tagesausflug nach Berlin. Unsere Ziele sind u.a. das Stelenfeld, das Denkmal für die ermordeten Juden Europas und das Anne Frank Zentrum. Auf dem Stelenfeld werden wir an einer Führung über das Gelände teilnehmen um uns im Anschluss die unterirdisch gelegene Ausstellung ansehen.
Man glaubt ja gar nicht, was das für ein Aufwand ist, den man bei so einer großen Gruppe betreiben muss, damit auch alles gelingt und alle, trotz des vielleicht schwierigen oder belastenden Themas, einen schönen Tag haben. Das Ziel hatte unsere JuHu-Gruppe, alles „Juleicas“ (Jugendgruppenleiter:innen und solche die es werden wollen), schnell festgelegt. Aber damit geht die Vorbereitung ja erst richtig los: die Kosten kalkulieren, Bahntickets für alle kaufen, Termine und Zeiten koordinieren, Angebote einholen, Info-Mails schreiben, Teilnehmerlisten vorbereiten, konkrete Routenplanung (zu Fuß oder mit der Bahn?), Gefahrenabschätzung (No-Go Areas?), Regeln für die Teilnehmenden ausarbeiten, alle Betreuer:innen an Bord holen und informieren undundund. Aber dabei lernt mach ja auch eine ganze Menge…
An die Verbrechen der Nationalsozialisten und deren Opfer zu erinnern ist heute wichtiger denn je. „Zunkunft heißt erinnern“, so der Slogan des Netzwerks „Erinnerung und Zukunft in der Region Hannover„. Die AfD, eine (in teilen) rechtsextreme Partei, die ähnliche Ansichten und Ideologien wie die Nationalsozialisten vertritt, ist erstmals in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg in Umfragen die stärkste Partei in Deutschland. Das kann und darf nicht sein. Deutschland und alle Bürger haben im Hinblick auf diesen finsteren Teil der deutschen Geschichte einfach eine besondere Verantwortung.
Deswegen ist es uns wichtig, Jugendlichen zu zeigen, was passieren kann, wenn man aktiv mit seiner Stimme, oder passiv durch stillschweigende Akzeptanz, falsch verstandener Toleranz, oder gleichgültiger Ignoranz die Macht an Extremisten, Autokraten, Faschischten oder Diktatoren abgibt.
Jüngstes Beispiel für einen Staat, für unseren Staat, im dem Extremisten hoffnungsvolle junge Menschen mit Haltung oder anderer Meinung unterdrücken, einschüchtern oder mundtot machen können ist Kevin Kühnert (ehemaliger Bundesvorsitzender der JUSOS, später Generalsekretär der SPD und Mitglied des Bundestags). In einem Interview begründet er seinen „Rückzug aus der Politik mit körperlichen Angriffen und Bedrohungen, unter anderem von Neonazis und Corona-Leugnern.„.
In meiner Jugendzeit war das Sprichwort „Wehret den Anfängen!“ ein Symbol, sich frühzeitig gegen solche Unmenschlichkeiten zur Wehr zu setzen. Nun muss ich mit 50 feststellen, dass unsere Wehrhaftigkeit entweder nicht ausreichend oder nicht von Dauer war. Wir sind wieder mittendrin in solchen menschenverachtenden Auswüchsen. Noch nicht in der organisierten Ermordung andersdenkender, aber das zum Schweigen bringen durch Gewalt, ob durch verbale Einschüchterung oder durch körperliche Gewalt, das Mundtotmachen rechtschaffener, oder idealistischer Menschen, die die Schnauze von Gewalt voll haben, ist die Vorstufe die dahin führen kann.
In der Nazi-Zeit wurden auch Jugendliche aus den unterschiedlichsten Gründen zum Ziel nationalsozialistischer Angriffe. Eindrucksvoll wird dies auf der Webseite „Nicht mit uns! – Verfolgung von Jugendlichen im Nationalsozialismus“ dargestellt.

Im Vorfeld bekam ich von den Veranstaltern der Führungen im Stelenfeld folgenden Hinweis: „Aufgrund eines Gutachtens der EWI an der HU mit der Altersempfehlung ab 14 Jahren bieten wir unsere Bildungsangebote eigentlich für Besucher/-innen ab 14 Jahren an. Sowohl die Führungen im Stelenfeld als auch Workshops und der Besuch der Ausstellung im Ort der Information setzen ein gewisses Grundwissen und eine emotionale Reife voraus.“ Nun sind einige aus der Gruppe ja noch 13 Jahre alt und ob entsprechendes Vorwissen bei allen Teilnehmenden vorhanden ist, kann ich auch nicht mit Gewissheit sagen.
Da es sich aber bei dieser Aktivität um ein Angebot der außerschulischen Jugendbildung handelt und es eine Vorbereitung auf die Jugendfeier und somit auch auf das Erwachsenwerden ist, haben wir uns dafür entschieden diese Thema, das durchaus Schrecken und Entsetzen hervorrufen kann, dennoch anzugehen. Vielleicht kann ein frühes Bewußtsein oder Wissen darüber, wie gut es uns in der westlichen Welt immer noch geht und wie sehr andere Menschen in der Vergangenheit leiden mussten, dazu beitragen, dankbarer mit allem was wir haben Umzugehen und sich für die positiven, humanistischen Werte einzusetzten. Um zu verhindern, dass sich diese grauenvolle Geschichte, nicht mal in Ansätzen, wiederholt.
Für die Freiheit und eine erstrebenswerte Zukunft für alle Menschen.
Sascha
Weitere finden sich weitere Bildungsangebote der Stitung Denkmal für die ermordeten Juden Europas.